Die Geschichte dieses Buches (Teil 1)

Die Geschichte dieses Buches (Teil 1)

Die Anfänge dieses Buches reichen bis ins Jahr 2017 zurück. Damals war ich 22 Jahre alt, lebte bei meinen Eltern, jobbte nebenbei und überlegte, welches Studium ich wählen sollte. Mein Abitur lag bereits vier Jahre zurück, ebenso wie die Erfahrungen, die ich während meiner Schulzeit gemacht hatte.

Mit etwa zwölf Jahren begann ich, die Religion, die mir durch meine Eltern weitergegeben wurde, wirklich kennenzulernen. Bis dahin hatte ich nie jemanden sagen hören, dass man Religion so vernünftig erklären kann, wie man Mathematik erklärt. Ich hatte generell kaum jemanden über Religion sprechen hören. Das Einzige, was ich dazu mitbekam, war die Frage „Bist du Moslem oder Christ?“. Dann antwortete jemand mit dem einen oder anderen, und das Gespräch verlagerte sich schnell auf andere Themen.

Ich begann, tiefer in die Religion einzutauchen, lernte ihre Geschichten, Begriffe und Konzepte kennen. Wenn man begeistert von etwas ist, möchte man es natürlich teilen. Wo ginge das besser als in der Schule, in der man fünf Tage die Woche bis zu acht Stunden verbringt? Damals, etwa im Jahr 2007, war der Islam in Deutschland noch kein Jugendphänomen. Auf meinem Gymnasium kannte ich niemanden, der über den Islam sprach. Also wagte ich es, einigen Mitschülern zu erzählen, was ich über den Islam gelernt hatte.

Es dauerte nicht lange, bis sich die Gespräche in der gesamten Stufe verbreiteten und ich bekannt wurde als Wahid, der es ein bisschen zu ernst nimmt mit seiner Religion. Obwohl ich nicht erfreut über diese Sichtweise war, ließ ich mich davon nicht entmutigen. Ich hatte zu viel Freude daran, über den Islam zu erzählen und Fragen zu beantworten.

Um zum eigentlichen Thema zu kommen, müssen wir einen Zeitsprung machen. In der 11. Klasse unternahmen wir eine Klassenfahrt nach Rom. Neben unserem Klassenlehrer war noch eine weitere Lehrerin dabei, die während eines Spaziergangs mit jedem von uns kurz sprach, um uns kennenzulernen. Als sie mich fragte, woher ich komme, antwortete ich, dass ich aus Afghanistan stamme. Sie reagierte mit: „Oh, schlimm, was da drüben passiert, oder?“. Sie meinte die unsichere Lage, die Armut und instabile Infrastruktur. Ich sagte: „Ja, es ist wirklich traurig, wie es den Menschen dort geht.“ Daraufhin meinte sie: „Vor allem die Taliban mit ihren barbarischen Strafen wie dem Händeabhacken...“ Für mich war klar, dass ich diese Aussage nicht unkommentiert lassen konnte. Schließlich war ihre Kritik indirekt auch ein Angriff auf die Scharia im Islam. Also erwiderte ich: „Ich finde das mit dem Händeabhacken nicht schlimm; es ist Teil des Islams und sollte nur nicht falsch angewendet werden.“ Sie blickte mich einen Moment an und sagte mit ruhiger Stimme: „Wahid, diese Ansicht macht mir Angst.“ Dann ging sie weg. Auch wenn ich bedauerte, wie das Gespräch geendet hat, machte ich mir auf der Reise keine weiteren Gedanken darüber.

Nach unserer Rückkehr bat mich mein Klassenlehrer, nach dem Unterricht zu bleiben. Ich dachte, es ginge um ein Formular, das ich vergessen hatte. Doch als wir alleine waren, schaute er mich nachdenklich an und sagte: „Wahid, ich wollte mit dir über etwas sprechen. Frau X hat mir von eurem Gespräch berichtet, das ich besorgniserregend finde. Ich habe daraufhin deinen Namen gegoogelt und bin auf eine Seite von dir gestoßen …“ In dem Moment war ich unsicher, was ich unangenehmer finden sollte: dass mein Klassenlehrer im Internet über mich recherchiert hatte oder dass er auf meinen Blog gestoßen war, auf dem ich Videos von Pierre Vogel verlinkt hatte sowie meine bearbeiteten GTA San Andreas-Videos.

Auch ihm machte ich meinen Standpunkt deutlich und erklärte, dass ich überzeugt davon bin, dass der Islam die Wahrheit ist. Für mich wäre es unaufrichtig, Teile des Islams zu verleugnen, nur weil sie anderen fremd erscheinen. Mein Lehrer entgegnete, dass Religionen keine modernen Probleme lösen könnten. Ich meinte jedoch, dass der Islam dazu sehr wohl in der Lage sei. Dann fragte er mich: „Wie sieht der Islam zum Beispiel Online-Banking?“ Ich hatte leider keine überzeugende Antwort und sagte nur: „Es gibt dazu Antworten im Islam, wenn man sich damit befasst.“

Hier war die Chance, einen Menschen - meinen Lehrer - von der Wahrheit des Islams zu überzeugen, aber ich war aufgrund meiner Unwissenheit nicht in der Lage, dies zu tun. Ich hätte nicht einmal ein Studium über den Islam absolvieren müssen, um ihm eine allgemeine Antwort geben zu können; es hätte gereicht, mich in die Thematik einzulesen.

Meine Zeit auf sozialen Medien wie Facebook hat diese Erkenntnis verstärkt. Ich sah, wie viele Menschen Fragen zum Islam hatten, und merkte, dass Muslime oft entweder wenig über ihre Religion wussten oder auf problematische Inhalte zurückgriffen. Politik und Medien verbreiteten zudem Fehlinformationen über den Islam und begannen immer häufiger von sogenannten Islamisten zu sprechen. Hier wäre eine systematische Aufklärung notwendig, basierend auf fundiertem Wissen.

Die Jahre vergingen, und die Probleme wurden nicht weniger, sondern mehr. So beschloss ich, ein kleines Buch zu verfassen, das die Beweise für den Islam kompakt zusammenfasst. Je mehr ich schrieb, desto häufiger stieß ich auf weitere relevante Themen. Ich dachte noch einmal über das Ziel des Buches nach und über die Gesellschaft, in der ich lebe.

Deutschland ist ein Land, das durch eine spezifische Geschichte geprägt wurde, die eng mit dem Christentum verwoben ist. Heute jedoch ist Deutschland kein christliches Land mehr, sondern ein säkulares. Es war mir wichtig, die Gründe für diesen Wandel in Deutschland und Europa zu verstehen, insbesondere weil viele Menschen wünschen, dass die muslimische Welt einen ähnlichen Wandel durchläuft.

Ich entschied mich daher, dem Buch eine Einführung in die Geschichte des Westens hinzuzufügen, samt einer kritischen Betrachtung der westlichen Vorstellungen über den Menschen und die Welt.

Über den Titel des Buches war ich mir anfangs unsicher. Bis zuletzt wollte ich es „Warum ich kein Nichtmuslim bin“ nennen, doch dieser Titel war durch die doppelte Verneinung sperrig. Ich entschied mich schließlich für „Warum ich kein Westler bin“, weil er den Kern des Buches besser wiedergibt. Schließlich hat der Unglaube (arab. kufr) viele Formen. Es geht mir nicht darum, warum ich nicht an die hinduistische oder chinesische Philosophie glaube, sondern um eine spezifische Form des Unglaubens –das westliche Weltbild. 

Doch dieses Buch allein schien mir nicht genug. Auf den sozialen Medien ist mir auch das Phänomen der innerislamischen Diskussionen und Streitigkeiten aufgefallen. Außerdem hörte ich Nichtmuslime häufig über Themen sagen: „Aber ich habe muslimische Freunde, die das anders sehen …“ Aus solchen Erfahrungen über die Jahre entstand die Idee für einen zweiten Band.

Mehr dazu im zweiten Teil.

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2 Kommentare

Es wäre cool, wenn wir auch wissen dürfen, wie in Band 1 die Kapitel heißen. Für Band 2 war die Kapitelangabe mega spannend. Hier würde es sicherlich auch viele motivieren. Danke für deine Arbeit!

Nur

Dieser Blogartikel hat mich sehr berührt, weil ich tatsächlich auch eine Romfahrt hatte und mir sehr viele Erinnerungen an meine Schulzeit hochgekommen sind, die sehr ähnlich sind. Auch ich habe immer versucht, mich weiterzubilden und Antworten auf die Fragen meiner Mitmenschen zu finden. Leider habe ich jedoch im Nachhinein auch falsche Antworten gegeben und den Islam mit westlichen Ideologien kompatibel gesehen. Dabei war was ich sagen wollte, dass der Islam für das Wohl aller sinnvoll ist. Nur ich hatte damals noch einige Puzzlestücke nicht und wusste auch nicht, wie ich auf etwas kompakt und in kurzer Zeit antworte. So ein Buch hätte ich mir damals gewünscht, das mir aufzeigt, wie ich antworten kann, wie ich die Menschen abholen kann und den Islam verständlich aber korrekt rüberbringen kann. Danke für diese tolle Arbeit! Ich bin gespannt! Möge es unserer Ummah helfen! Amin!

fitralicht

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